Universität

Das Collegium bis 1945

Die Grundstruktur des Collegium Jenense, wie sie im Wesentlichen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bestehen sollte, wurde in einer weiteren Bauphase zwischen 1592 und 1595 geschaffen, als die Kirche wieder zum Sakralraum und zudem zu einer akademischen Festhalle umgestaltet wurde. Gegenüber dem Treppenturm am Westende der Kirche entstand das noch heute ­erhaltene Kollegiengebäude, wo nun der Senat tagte: Das institutionelle „Herz“ der universitären Korporation war jetzt auch baulich in der Mitte des Collegiums verortet. Der vermutlich um die Mitte des 17. Jahrhunderts aufgesetzte Dachreiter, der ebenfalls noch heute zu sehen ist, gab mit seiner Glocke den Takt des universitären Lebens vor. Noch im 19. Jahrhundert fanden in der alten Aula im Collegieum bedeutende Zusammenkünfte statt, wie 1836 die Versammlung der deutschen Naturforscher und Ärzte, der heute noch bestehenden ältesten und größten interdisziplinären Wissenschaftsvereinigung Deutschlands. Auch wenn sich die Universität 1858 mit dem neuen Kollegien- und Verwaltungsgebäude am Fürstengraben und schließlich mit dem Bau des Universitätshauptgebäudes 1905–1908 neue Zentralorte schuf, blieben Collegium und Kollegienkirche als Gründungsort und Feierstätte der Universität auch im 20. Jahrhundert fest verankert.

Das Collegium Jenense um 1661, Kupferstich von Johann Dürr (Bauer et al. 2008, S. 28).

Die Nutzung nach 1945

Beim stärksten alliierten Bombenangriff auf die Jenaer Innenstadt am 19. März 1945 wurde das Collegium stark beschädigt. Von der Kollegienkirche blieben nur der Treppenturm und das Portal unversehrt. 1947 erfolgte nach Bergungs- und Grabungsarbeiten unter Leitung des Denkmalpflegers Wolfgang Wennig der Abriss der Kirche. Auf ihrem Areal und im Gebiet des alten Nonnenplans wurde 1956–1959 der noch heute bestehende Bau der Institute für Physiologische Chemie (Biochemie) und Pharmakologie errichtet. Als 1968 unter maßgeblichem Einfluss des DDR-Staats- und Parteichefs Walter Ulbricht die Neugestaltungspläne für den gesamten Jenaer Innenstadtbereich Gestalt annahmen, wurde der Abriss des gesamten Kollegienhofs vorgesehen: Er sollte einem „Rehabilitationszentrum“ des VEB Carl Zeiss Jena weichen. Die Universität unter Rektor Franz Bolck stimmte dem Abriss zu, den eine Gruppe Jenaer Wissenschaftler unter dem Mikrobiologen Hans Knöll und dem Physiker Max Steenbeck zu verhindern suchte. Da sich die durchgreifenden Neubaupläne der späten 1960er Jahre als nicht finanzierbar erwiesen, unterblieb der Abriss. Eine Restaurierung der verbliebenen historischen Substanz des Kollegienkomplexes erfolgte schließlich 1975–1979 unter Leitung des Universitätskustos Günter Steiger, der bereits 1968 in einem Gutachten für die Universität vergeblich auf die herausragende kulturhistorische Bedeutung des Collegium Jenense hingewiesen hatte.