Dendrochronologie

Dendrochronologie

Dendro-chrono-logie (griech. 'dendros' = Baum, 'chronos' = Zeit, 'logos' =  Wort) ist die Wissenschaft, die jedem Jahrring eines Baumes oder Holzes die genaue Jahreszahl seiner Bildung zuordnet. Herzstück der Datierung unbekannter Holzproben ist das Vorliegen einer regionalen Chronologie, die das typische regionale Wachstum ausdrückt und an der die unbekannte Probe "eingerastet" wird. Voraussetzung ist, dass eine hinreichend große Zahl von Jahrringen (möglichst mehr als 80) erfasst und der betreffende Baum tatsächlich von den großklimatischen Einflüssen geprägt wurde. Das Ergebnis ist (im Erfolgsfall) dann stets jahreszahlgenau!!

Chronologie

Alle Bäume einer bestimmten Art (z.B. Tanne) in einer bestimmten Region (z.B. Thüringen) weisen ein charakteristisches und sich im Prinzip nicht wiederholendes Muster von engen und weiten Jahrringen als Folge der jährlichen Witterungsschwankungen auf. Da aber jeder Baum eine individuelle Variabilität im Wachstum aufweist und es auch Standortsunterschiede gibt, zeigt sich dieses generelle Muster erst in der Überlagerung von vielen Wachstumskurven. Eine solche typische mittlere Wachstumskurve wird "Chronologie" genannt.

Durch Probenahme an lebenden Bäumen kann eine solche Chronologie höchstens einige Hundert Jahre in die Vergangenheit konstruiert werden. Um noch weiter zurückzukommen, baut man auf das "Überlappungsprinzip" (Abb. 1): Hölzer von älteren Bauernhäusern aus dieser Region weisen in ihren späten Ringbreiten meist gute Übereinstimmungen mit den frühen Jahren der vorliegenden Chronologie auf. Dann kann man diese Hölzer korrekt datieren und die Chronologie in die Vergangenheit hinein verlängern. Weitere Holzproben aus Kirchen, Klöstern oder aus Ausgrabungen können dann auf die gleiche Weise überlappend dazu beitragen, die Chronologie immer länger zu gestalten.

Probenahme

Holzproben für die Gebäudeforschung werden aus verbautem Balken oder Bohlen meist mittels eines Hohlfräsers in Form eines zylindrischen Kerns von 7-15 mm Durchmesser entnommen. Bei Sanierungsarbeiten fallen mitunter auch vollständige Balkenquerschnitte an. Die entnommenen Holzproben werden fixiert, planiert und sehr fein angeschliffen, so dass neben den Jahrringgrenzen auch viele anatomische Details der Holzart sichtbar werden. Anschließend werden die Breiten der jährlichen Ringe (bei Querschnitten entlang mehrerer Radien) vermessen (Abb. 2).

Probe aus dem Dachwerk über der Senatsstube (Foto: G. Jetschke, FSU Jena).

Datierung

Die Ringbreitenkurve (bei Querschnitten deren Mittelwertkurve) repräsentiert jetzt das typische Muster des Baumes, aus dem das beprobte Bauteil (Balken, Bohle) der Holzprobe gefertigt wurde. Diese gemessene Kurve wird mit einer für die Holzart (z.B. Tanne) und Region (z.B. Thüringen) bekannten Referenzkurve, der Chronologie, verglichen. Wird dabei die bisher undatierte Kurve Jahr um Jahr längs der Zeitachse verschoben, so findet man meist eine einzige Position, in der beide Ringbreitenkurven eine weitaus bessere Übereinstimmung ihres zeitlichen Musters zeigen als in allen anderen Lagen. Dies ergibt dann die korrekten Jahreszahlen der einzelnen Ringe (Abb. 3). Ist insbesondere der letzte Ring vor der Borke, die sog. Waldkante, erhalten, so lässt sich auch das Fälljahr ablesen. Da in früheren Zeiten Hölzer im allgemeinen saftfrisch verarbeitet wurden (das Holz lässt sich mit der Axt viel leichter behauen als nach Trocknung), kann man davon ausgehen, dass das Holz im darauffolgen Jahr verbaut wurde.

Datierung der Probe aus dem Senatsgebäude (Grafik: G. Jetschke, FSU Jena).